Beschlussvorschlag:
Der Neubau einer
Ortsentlastungsstraße zwischen der B 215 und der B6 im Zuge des Südrings wird
nach den Plänen und der Kostenschätzung vom 07.02.2011, die mit ca. 11,0 Mill.
€ einschl. 19 % MwSt. abschließt, vorbehaltlich der haushaltsrechtlichen
Regelung beschlossen.
Sachdarstellung:
Der Rat der Stadt Nienburg hat in seiner öffentlichen Sitzung am 26.05.2009 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 101 beschlossen. Ziel der Planung ist die Festsetzungen von Verkehrsflächen für eine Ortsentlastungsstraße und die Ausweisung von Gewerbegebieten.
Für die Planungsleistungen der Ortsentlastungsstraße wurde eine europaweite Ausschreibung durchgeführt. Mit dem Beschluss des Verwaltungsausschuss vom 29.03.2010 wurde die Bietergemeinschaft IBV, 30173 Hannover und BPR (Künne) 28195 Bremen mit den Planungsleistungen beauftragt. In einem ersten Teilauftrag wurden die Leistungsphasen 1-3 vergeben.
In Zusammenarbeit mit der Stadt wurden die Trassierungsbedingungen für die neue Straße festgelegt. Die Entwurfsgeschwindigkeit für die Straße beträgt 70 km/h. Für den Querschnitt wurde gemäß der Richtlinie für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte (RAS-Q) ein RQ (Regelquerschnitt) 10,5 festgelegt. Dieser ergibt sich aus den zu erwartenden Verkehrsstärken, der Bemessungsgeschwindigkeit und dem Lkw-Anteil. Die Breite eines straßenbegleitenden Radweges sollte gemäß RAS-Q 3,0 m betragen.
Die
grundsätzliche Linienführung ist bereits über den Flächennutzungsplan bestimmt
worden. Der westliche Startpunkt der Straße ist über den bisher ausgebauten
Bereich des Südrings fixiert. Anschließend kreuzt die Straße die Bahnlinie
Nienburg-Minden und den Steinhuder Meerbach. Im Anschluss daran erfolgt eine
ca. 1.200 m lange Streckenführung bis an den Anschlusspunkt an die Hannoversche
Straße in Höhe Langendamm. Für den
Anschlusspunkt an die Hannoversche Straße wurden seitens des Büros die
einzelnen Ausgestaltungsmöglichkeiten des Kreuzungsbereiches hinsichtlich ihrer
Leistungsfähigkeit geprüft.
Der maßgebliche Punkt bei der Betrachtung der Trassenführung ist die Querung der Straße mit der Bahnlinie Nienburg-Minden. Bei der Entwicklung dieses Kreuzungspunktes müssen mehrere Zwangspunkte und Randbedingungen berücksichtigt werden.
Die Bahn hat im Bundesverkehrswegeplan einen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Nienburg-Minden angemeldet. Das hat zur Folge, dass alle Bauwerke auf diesen möglichen zweigleisigen Ausbau ausgelegt werden müssen. Durch diese Vorgabe verbreitert sich das Bauwerk um ca. 5 – 6 m. Gegenüber einer eingleisigen Streckenführung bedeutet dies Mehrkosten von ca. 250.000,00 – 300.000,00 €.
Ein weiterer Zwangspunkt ist die in diesem Bereich verlaufende Harzwasserleitung. Sie kreuzt von Osten kommend im Bereich einer möglichen Querung die Bahnlinie. Der weitere Verlauf geht anschließend in Richtung des bereits ausgebauten Teiles des Südrings.
Ein dritter beachtenswerter Punkt ist ein im Bereich der möglichen Kreuzung liegender Biotoptypenkomplex. Dieser besteht aus einer Brachfläche mit einem Teich und mehreren Gehölzbeständen.
Das beauftragte Planungsbüro hat 4 Varianten für die Querung der Straße mit der Bahnlinie entwickelt.
Für die 4 Varianten wurde unter der Berücksichtigung der Randbedingungen eine Abwägung aus Sicht des Straßenbau, des Umweltschutzes und aus grünordnungsplanerischer Sicht erstellt.
Die Länge der Strasse ist bei allen vier Varianten mit ungefähr 2.400 m in etwa identisch. Für das Brückenbauwerk gibt es eine maximale Längsneigung von 4,0 %. Die lichte Höhe im Bereich der Bahnüberführung beträgt zwischen den Gleisen und der Unterkante des Bauwerks mindestens 6,20 m.
Aufgrund dieser Parameter ergibt sich folgender Vergleich zwischen den 4 Varianten:
|
Variante 1 |
Variante 2 |
Variante 3 |
Variante 4 |
Kreuzungswinkel mit der
Bahnlinie |
57 gon |
44 gon |
40 gon |
58 gon |
Brückenlänge |
28 m |
35 m |
49 m |
27 m |
Durchlass Bärenfallgraben |
Durchlass Ø 2,0 m |
Durchlass Ø 2,0 m |
kein Durchlass notwendig |
kein Durchlass notwendig |
Verlegung Harzwasserleitung |
250 m |
350 m |
350 m |
180 m |
Baukosten |
11,2 Mio. € |
11,4 Mio. € |
11,9 Mio. € |
10,9 Mio. € |
Ein entscheidendes Kriterium ist, dass je rechtwinkliger die Brücke über die Bahn führt, diese umso kürzer in der Baulänge wird und sich somit auch die Kosten verringern. Ein weiterer Vorteil der Varianten 3 und 4 besteht darin, dass die Kreuzung mit der Bahn so gelegt ist, dass neben der Überführung der Bahn auch die bereits vorhandene Kreuzung des Bärenfallgrabens genutzt wird. Dadurch wird ein Kreuzungsbauwerk gespart und somit die Kosten weiter minimiert.
Weiterhin werden die Kosten für eine Verlegung der Wasserleitung bei der Variante 4 minimiert. Bei dieser müsste lediglich eine Kreuzung mit dem Bauwerk hergestellt werden. Bei den drei anderen Varianten wäre eine Verlegung außerhalb der Trasse notwendig, was zu wesentlich höheren Kosten führen würde. Dies gewährleistet die von den Harzwasserwerken geforderte Zugänglichkeit der Leitung. Die Einsparung dadurch beträgt je nach Variante zwischen 40.000,00 € und 90.000,00 €.
Da alle Varianten planerisch und bautechnisch umsetzbar sind und den Richtlinien entsprechen, ist die Variante 4 die aus Sicht des Straßenbaus bevorzugte Variante aufgrund der Einsparung im Bereich des Brückenbauwerkes sowie der Tatsache, dass kein Durchlass und keine Verlegung der Wasserleitung notwendig ist.
Die zu betrachtenden und schützenswerten Flächen liegen westlich der Bahnlinie im Bereich der möglichen Bahnquerung. Es handelt sich um einen Biotoptypenkomplex bestehend aus mehreren Gehölzbeständen und einer Brachfläche mit einem Teich.
Dieses Gebiet ist ein Jagdhabitat für verschiedene Fledermausarten. Möglicherweise nutzen auch Fledermäuse aus dem Flora/Fauna/Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) Nienburger Bruch dies Gebiet zum Jagen.
Weiterhin wurde in der Brachfläche, eine ehemalige Obstplantage, der Feldschwirl festgestellt. Diese Vogelart ist auf der Roten Liste in der Gefährdungsstufe 3 verzeichnet und somit besonders schützenswert.
Die Variante 1 beansprucht auf der nördlichen
Bahnseite die Fläche des dreieckförmigen geschlossenen Gehölzbestandes und
südlich der Bahn eine relativ kleine Fläche des Feuchtgrünlands. In Ihrer
Trassenführung rückt sie aber näher an das FFH-Gebiet Nienburger Bruch heran,
so dass hier die Lärmbelastung durch den zukünftigen Verkehr - auch für die
südwestlich gelegene Siedlung Kattriede - als erheblicher einzustufen ist als
bei den anderen Varianten. Generell greift dieser Verlauf stärker in den
offenen Landschaftsraum ein.
Die Variante 2 zerschneidet den
Biotoptypenkomplex zwischen dem geschlossenen dreieckförmigen Gehölzbestand
unmittelbar an der Bahnlinie und der nördlichen strukturreichen Teilfläche aus
Gras- und Staudenfluren, Obstbäumen und weiteren eingestreuten Gehölzbeständen.
Bei diesem Trassenverlauf bleibt der geschlossene Gehölzbestand südlich der
Trasse weitgehend erhalten. Von der nördlichen angrenzenden strukturreichen
Teilfläche geht die südliche Randzone anlagebedingt verloren. Es verbleibt
dennoch eine relativ große unzerschnittene Restfläche einschließlich der
Teichanlage. Bei dieser Variante ist das Beeinträchtigungsrisiko für den
Lebensraum des gefährdeten Feldschwirls geringer einzuschätzen als bei den
anderen Varianten.
Um den dreieckförmigen Gehölzbestand zu erhalten,
wurde die Variante 3 entwickelt, die aber einen erheblichen Flächenverlust bei
der Brachfläche verursacht. Zusätzlich wird Feuchtgrünland südlich der Bahn
mittig zerschnitten und damit in seiner Bedeutung wertlos.
Die Variante 4 greift zwar noch etwas weiter in
die Brachfläche ein als die Variante 3, sie beansprucht dafür aber nur etwas
mehr Fläche des Feuchtgrünlands südlich der Bahn als die Variante 2. Gemeinsam
ist den Varianten 3 und 4, dass sie den Bärenfallgraben gemeinsam mit der Bahnlinie kreuzen, so dass eine
zusätzliche Verdunkelung dieses Gewässers vermieden wird, was der biologischen
Durchlässigkeit zugute kommt. Beide Varianten rücken mit ihrer Trasse näher an
die Bebauung Lehmwandlung heran und verstärken somit die
Verkehrslärmimmissionen. Für die Belastungen aus den Verkehrslärmimmissionen
wird derzeit ein Schallgutachten erstellt. Die Variante 4 ermöglicht auch eine
nördliche Randzone für den dreieckförmigen geschlossenen Gehölzbestand.
Als Fazit aus der Abwägung kann aus Sicht des
Arten- und Biotopschutzes der Variante 2 der Vorzug gegeben werden. Unter
Berücksichtigung der oben zusätzlich dargelegten Punkte und der Maßgabe, dass
im Zuge rechtzeitig begonnener Ersatzmaßnahmen Ausgleich für die verloren gehende
Brachfläche geschaffen wird, ist der Variante 4 aus Umweltsicht der Vorzug zu
geben. Die Ausgleichsfläche kann dann südlich der Straßentrasse und
nordwestlich der Bahntrasse angelegt werden, um zusammenhängende
Biotopstrukturen zu erhalten.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass keine der
Varianten uneingeschränkt zu befürworten ist. Die Variante 4 hat Vorteile durch
ihre günstige Kostensituation und der bevorzugten Einschätzung aus der Sicht
des Umweltschutzes. Dem Nachteil der verloren gehenden Brachfläche muss durch
zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen vorgebeugt werden. Die Variante 1 dagegen hat
den Vorteil, dass die Beeinträchtigungen für den Arten- und Biotopschutz
relativ gering sind, aber für die Bauarbeiten wesentliche Mehrkosten entstehen und der schützendwerte
Baumbestand zerstört wird. Die beiden Varianten 2 und 3 sind in ihrer
Kostensituation und der Beeinträchtigungen für den Umwelt-, Arten- und
Biotopschutz keine ernsthaften Alternativen zu der bevorzugten Variante 4.
An diesem Kreuzungspunkt wird ein Kreisverkehrsplatz erstellt, um die an diesem Punkt auftretenden Verkehre behinderungsfrei abzuwickeln. Eine mögliche Lichtsignalanlage könnte die Kreuzung bei den jetzt entstehenden Verkehren auch abwickeln, wäre jedoch an der obersten Grenze der Belastbarkeit. Da die Verkehrsstärken und dabei insbesondere der Schwerverkehr in den kommenden Jahren zunehmen, ist ein Kreisverkehrsplatz von der Kapazität und der Verkehrsabwicklung die umsetzbare Variante.
Im Zuge der Planungen wurde auch die Radwegführung überarbeitet. Vorgesehen war ein straßenbegleitender Radweg vom Südring über das Brückenbauwerk über die Bahn bis an den Nienburger Bruchweg. Im Zuge der Ausarbeitung des Bebauungsplanes und der Planungen der Flurbereinigung wurde jedoch eine alternative Radwegführung erarbeitet, durch welche sich die Herstellungskosten verringern lassen. Vorgesehen ist nun, den Radweg vom Südring bis zu dem geplanten Gewerbegebiet –Baufeld A- anzulegen. Alle weiteren Radwegebeziehungen werden über entweder bestehende oder neu anzulegende Wege abgewickelt.
Nach Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplanes
Nr. 101 „Südring“ ist vorgesehen, die Umsetzung der Maßnahme in den Jahren 2012
und 2013 durchzuführen. Begonnen wird an dem vorhandenen Ausbau des Südrings
als erstem Bauabschnitt für 2012. Als Fixpunkt ist hier der Bau der
Eisenbahnüberführung anzusehen. Für die Arbeiten im Bereich der
Bahntrassen muss die Zustimmung der Bahn
eingeholt werden. Diese vergibt dann Zeitfenster, in denen die Umsetzung der
Maßnahme realisiert werden kann. Für den Bau der Überführung ist der Zeitraum
von Juni 2012 bis August 2012 vorgesehen. Anschließend erfolgen die
Anschüttungen der Rampen sowie der Bau der Strasse bis zur Brücke über den
Steinhuder Meerbach. In 2013 erfolgt der Bau der Meerbachbrücke, der
Streckenausbau bis nach Langendamm sowie der Bau des Knotenpunktes
Ortsentlastung/Hannoversche Straße.
Im Verlauf der Ortsentlastungsstraße ist
vorgesehen, mehrere neue Gewerbegebiete anzuschließen. Jeweils zwei sollen
zwischen Lehmwandlungsgraben und der Verlängerung des Lehmwandlungsweges
entstehen, und ein weiteres in dem Bereich zwischen der Ortsentlastungsstraße
und dem Bahnhof Langendamm. Für die Anbindung der Gewerbegebiete sind
Erschließungsstraßen vorgesehen. Im Bereich der Einmündungen wird die Straße
aufgeweitet und mit einer Linksabbiegespur versehn. Dadurch bleibt die
Leichtigkeit des Verkehrs erhalten und es kommt nicht zu Behinderungen auf der
jeweiligen Fahrspur. Zusätzlich muss die Zufahrt zu den Grundstücken
Hannoversche Straße 156 b-d neu geregelt werden. Hierfür wird eine neue Straße
gebaut, die einerseits weitere Gewerbeflächen erschließt und andererseits die
Grundstücke erschließt.
Die Maßnahme wurde vom Büro Schubert im Rahmen
einer Machbarkeitsstudie von 2001 mit brutto 7,65 Mio. € veranschlagt. Aufgrund
der Steigerung des Baukostenindex für den Straßenbau im Zeitraum 2001 – 2005
von etwa 25 % ergibt eine der Baukostensumme von ca. 9,55 Mio. €. Des Weiteren
besteht in der Kostenschätzung im Zuge der Vorplanungen gemäß HOAI eine
Kostenunsicherheit von 20 % – 30 %, entsprechend 1,90 Mill. € bedeuten. Somit
schließt die Kostenschätzung gem. HOAI mit ca. 11 Mill. € ab.
Für den Bau der Ortsentlastungsstraße wurde ein
Förderantrag nach dem Entflechtungsgesetz (ehemals GVFG) gestellt. Nach
Mitteilung der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr wurde
diese Maßnahme in das Mehrjahresprogramm mit aufgenommen. Somit stehen
Fördergelder für die Maßnahme bereit, die 60 Prozent der zuwendungsfähigen
Kosten beträgt.
Weitere Angaben sind den in der Anlage
beigefügten Unterlagen zu entnehmen.
Anlagen